Hintergrundinformation:
Flüchtlingskrise in Deutschland:
Der Mythos von der Belastungsgrenze
Die deutschen
Flüchtlingszahlen sollten im Verhältnis zur
Einwohnerzahl bewertet werden. Dann wird klar, dass andere
EU-Länder wie zum
Beispiel Schweden oder Österreich viel mehr leisten.
Deutschland, als EU-Mitglied mit den
meisten Einwohnern, muss
logischerweise mehr Menschen aufnehmen, um einen ähnlichen
Quotienten von
Flüchtlingen pro Einwohner zu erreichen, als zum Beispiel das
kleine Schweden
mit nur knapp 9,6 Millionen Einwohnern. In diesem Jahr erwartet die
schwedische
Regierung nach einem Bericht der Deutschen Presse-Agentur circa 190.000
Asylbewerber. Das heißt, auf 50 Schweden
käme ein Zuwanderer.
Und Deutschland?
Laut einer offiziellen Prognose der
Bundesregierung vom August werden hier in diesem Jahr insgesamt rund
800.000
Asylbewerber erwartet. Das
hieße, dass auf mehr als 100 Einwohner
lediglich ein einziger Schutz suchender Mensch käme.
Mittlerweile wird
davon ausgegangen, dass sich die Zahl der Asylsuchenden in Deutschland
um eine
Million bewegen könnte - Spekulation von 1,5 Millionen
Asylsuchenden wurden
bereits wieder dementiert. Doch selbst
bei einer Million wäre eine Belastungsgrenze noch lange nicht
erreicht und
Schweden pro Kopf immer noch aufnahmebereiter als Deutschland.
Hinzu kommt, dass nur ein Teil der
flüchtenden Menschen
überhaupt in Deutschland bleiben wird, der Bund rechnet in
seiner aktuellen
Prognose mit etwa 40 Prozent - von denen viele als gut ausgebildete
Fachkräfte
in der deutschen Wirtschaft sehr willkommen sind. Die restlichen
Asylbewerber
müssen, wenn ihre Anträge abgelehnt werden, das Land
wieder verlassen. Ist vor
diesem Hintergrund also die Belastungsgrenze tatsächlich schon
erreicht - oder
gar überschritten?
"Die
Unterbringung von Flüchtlingen ist keine Platzfrage, sondern
eine Frage der
Organisation und des guten Willens", sagte ein Sprecher der
Organisation
Pro Asyl.. Dass es derzeit zu wenige Unterkünfte gibt, liege
auch daran, dass
bei sinkenden Flüchtlingszahlen in der Vergangenheit
vielerorts Unterkünfte
dichtgemacht und Strukturen abgebaut wurden.
Das Gerede von der erreichten oder
überschrittenen
Belastungsgrenze erscheint vor diesem Hintergrund irreführend
und
kontraproduktiv. Das sind durchschaubare Versuche von Politikern, ein
psychologisch erklärbares, diffuses Angstgefühl in
der Bevölkerung in
Zustimmung für die eigene Partei umzuwandeln.
Ist die Abriegelung der Grenzen überhaupt machbar?
Bei einer kompletten Abriegelung der
Grenzen stellt sich die
auch Frage nach der Machbarkeit. Patrouillen wären denkbar,
aber "auch mit
noch so viel Personal (…) kann man keine Grenzen
schließen", sagte dazu
der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei
(GdP), Jörg
Radek.
Und was passiert mit den
Flüchtlingen, die vor den
geschlossenen Grenzen stehen? Nach europäischem Recht
dürfen sie nicht direkt
abgewiesen werden. Sie können zwar in den Staat, über
den sie in die EU
eingereist sind, zurückgeschickt werden - aber nicht, ohne
dass der Fall
bearbeitet wurde. "Es handelt sich ganz überwiegend um
Menschen, die einen
Anspruch haben, in Deutschland und in Europa zumindest
angehört zu
werden", stellte der Vorstand der Hilfsorganisation Borderline Europe,
Elias Bierdel, kürzlich in einem Radiointerview klar.
Gefährlichere Ausweichrouten
Bierdel und viele andere Fachleute
sind der festen
Überzeugung, dass Grenzschließungen gar nicht den
erwünschten Effekt haben.
"Das Schließen von Grenzen - das wissen wir auch aus der
Migrationsforschung - ist auf gar keinen Fall eine Lösung",
sagt Bierdel.
"Natürlich finden diese Menschen - beraten oft von sogenannten
Schleppern
- wieder neue Routen, wieder neue Wege in Richtung auf ihr
großes Ziel."
Und diese neuen Routen seien mitunter noch gefährlicher als
die alten.
"Wenn Sie im Dunkeln der Nacht irgendeinen Fluss durchschwimmen
müssen,
dann ist das eben ein Risiko", sagt Bierdel. Zudem würden auf
diese Art
Schlepper, die man ja eigentlich bekämpfen will, sogar noch
unterstützt.
Abschottung vor
Flüchtlingen?
Viele
wünschen sich das, wenigen ist klar, was das
eigentlich bedeutet:
Viele Flüchtlinge, Alte, Frauen und Kinder würden vor
dem Zaun elend verhungern, verdursten und erfrieren.
Das wäre noch schlimmer als ein rascher Tod in Gaskammern
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