Hintergrundinformation:
Es stand zum Beispiel in
„energiezukunft – Das Portal für
naturstrom und erneuerbare Energien“:
Oligopol verursacht hohe Stromkosten
Verbraucher
zahlen
weniger, wenn sie aus dem Grundversorgungstarif, in der Regel bei einem
der
vier Atomkonzerne oder ihrer Tochtergesellschaften, wechseln. Denn
Kostentreiber
für Strompreise ist nicht zuletzt das Strommarkt-Oligopol.
10.06.2012 – Viele
Verbraucher haben Angst, dass sie wegen
des Atomausstiegs und der Förderung Erneuerbarer Energien
höhere
Stromrechnungen bekommen. Doch das muss nicht sein: Wer zu einem
konzernunabhängigen
Ökostromanbieter wechselt, kann Geld sparen und einen
persönlichen Beitrag zur
Energiewende leisten, raten die im Aktionsbündnis Atomausstieg
selber machen
zusammengeschlossenen Umwelt- und Verbraucherschutzverbände.
Die Folgerung Energiewende gleich
teurer Strom sei falsch,
stellt Melanie Ball vom Bündnis Atomausstieg selber machen
richtig. Es gebe
über 200 Stromanbieter in Deutschland und seit 1998 kann jeder
Verbraucher
seinen Anbieter frei wählen. Trotzdem erzeugten vier
große Konzerne - die
Atomkraftwerksbetreiber E.on, RWE, Vattenfall und EnBW – noch
immer fast 80
Prozent des Stroms. „Bei dieser Oligopolstellung
können die Konzerne dem
Verbraucher sonst was als Begründung für
Preiserhöhungen erzählen: Die
Energiewende kommt ihnen da als Sündenbock gelegen“,
kritisiert Ball.
Tatsächlich können
Verbraucher günstiger fahren, wenn sie aus
dem Grundversorgungstarif, in der Regel bei einem der vier Atomkonzerne
oder
ihrer Tochtergesellschaften, zu einem reinen Ökostromanbieter
wechseln, der von
den großen Konzernen unabhängig ist. Die von Umwelt-
und Verbraucherschützern
empfohlenen Anbieter Naturstrom, EWS Schönau, Greenpeace
Energy und Lichtblick
bieten bundesweit ausschließlich Ökostrom an und
investieren in den Bau neuer
Anlagen aus Erneuerbaren Energien.
Die Gründe
dafür, dass der Strompreis in Deutschland in
den letzten 15 Jahren um durchschnittlich vier Prozent im Jahr stieg,
liege
nicht in der Energiewende begründet: Ursachen seien vor allem
die Abhängigkeit
von fossilen Rohstoffen, die knapper und teurer werden, und die
großen
Gewinnmargen der Stromkonzerne, gegen die viele Verbraucher noch vor
Gericht
verhandeln. Die Umlage für die Förderung von
Ökostrom beträgt lediglich 3,6
Cent pro Kilowattstunde des durchschnittlichen Haushaltsstrompreises.
„Dadurch
wird die Made nicht fett“, so Ball. „Wer den
Atomausstieg als Verursacher von
hohen Strompreisen heranzieht, verfolgt damit ein ganz klares Ziel:
eben diesen
Atomausstieg wieder verhandelbar zu machen.“ (na)
Und das
veröffentlichte
die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg
e.V.:
Atomfonds
Empört euch: Wie
sich die Energiekonzerne vom Acker machen
Bad Bank-Pläne der
Energiekonzerne
Ein Betreiber einer
Pommes-Bude hat dafür zu sorgen, dass
das Bratenfett sachgerecht entsorgt wird. Alles ist
geregelt. In diesem
Fall greift das Kreislaufwirtschaftsgesetz oder die Abfallsatzung der
Kommune.
Der Besitzer einer Pommes-Bude trägt dafür die
Verantwortung.
Das würde man sich
auch bei den Nuklearabfällen wünschen,
die sind nämlich nicht biologisch abbaubar. Doch um die Kosten
und die
Verantwortung möchten sich die Abfallverursacher, die
Atomstromproduzenten,
gerne drücken. Deshalb fordern
Umweltverbände und Oppositionsparteien im
Deutschen Bundestag die Einrichtung eines Atomfonds.
Die Pläne des
Energiekonzerns E.on, die Geschäftsbereiche
völlig neu zu gliedern, befeuern die Debatte um eine Bad Bank
für die
Atomkraftwerke und die Atommüllentsorgung. Zunehmend
wird bezweifelt, ob
die Konzerne E.on, RWE, EnBW und Vattenfall ihren Anteil an den Kosten
für die
nukleare Entsorgung tragen wollen. Für die nukleare Entsorgung
– den Rückbau
von Atomkraftwerken und die Atommülllagerung – haben
die Konzerne Rücklagen in
Höhe von 36 Mrd. Euro gebildet. Die öffentliche Hand
hat aber keinen direkten Zugriff
auf diese Rücklagen, die zugleich nicht insolvenzsicher sind. E.on
kann den
Verdacht nicht ausräumen, dass der Umbau des Konzerns darauf
zielt, die
Geschäftsbereiche Gas, Kohle und Atom abzustoßen
oder so mickrig auszustatten,
dass die Gelder für die Atommüllentsorgung verloren
gehen.
Als der E.on-Vorstandsvorsitzende
Johannes Teyssen Ende
letzten Jahres einen radikalen Konzernumbau für das Jahr 2016
angekündigte,
flammte die Debatte um eine mögliche “Bad
Bank” für das Auslaufmodell Atomkraft
auf. Der Linken-Bundestagsabgeordnete Hubertus Zdebel
erklärte: “Es bleibt das
Geheimnis von E.ON, wie eine ausgelagerte Bad Bank aus Atom, Kohle und
Gas
künftig über ausreichend Kapital verfügen
wird, um die wachsenden Kosten für
den Akw-Rückbau und die Atommüll-Entsorgung zahlen zu
können.”
Prof. Wolfgang Irrek
erläutert im .ausgestrahlt-Interview, wo
die finanziellen Tücken einer Umstrukturierung von E.on mit
Blick auf die
Atommülllagerung liegen: “Das macht die Finanzierung
von Rückbau und Entsorgung
unsicherer. E.on will ja alle Atomrückstellungen, aber nur
einen Teil der
Aktiva des Konzerns in die neue Gesellschaft
überführen. Und E.on selbst wäre
nur noch fünf Jahre lang verpflichtet, für die
Finanzierung von Rückbau und
Entsorgung einzustehen – danach nicht mehr.”
(Interview mit Prof. Wolfgang
Irrek bei.ausgestrahlt)
Der Begriff “Bad
Bank” stammt aus der Finanzkrise – damals
lagerten Banken faule Kredite in Milliardenhöhe in
Gesellschaften aus. Die
Grünen-Politikerin Bärbel Höhn bezweifelt
ebenfalls, dass diese ausgegliederte
neue Gesellschaft nicht genug Gewinn machen würde, um den
Rückbau und die
Entsorgung der still gelegten Atommeiler vollständig zu
finanzieren. E.on-Chef
Teyssen wies die Kritik umgehend zurück. Das neue Unternehmen
werde seine
Verbindlichkeiten “vollständig bilanziell
abdecken”. Der Konzern habe für den
Abriss der sieben Atomkraftwerke und den Atommüll rund 14,5
Milliarden Euro
zurückgelegt. Beide Unternehmen “werden eine solide
Finanzausstattung”
erhalten. Sämtliche Kapitalmarktverbindlichkeiten
“verbleiben bei E.on”, sagte
Teyssen weiter.
Wer´s glaubt wird selig!
Diesen Beteuerungen mag aber niemand
mehr Glauben schenken, denn man weiß, dass die Branche
angezählt ist. RWE
beispielsweise steckt tief in der Krise. Ähnlich wie bei E.on
machen die
Energiewende und die Kommunalisierung der Energieversorgung dem hoch
verschuldeten Konzern zu schaffen. “Durch den Ausbau des
Ökostroms aus Sonne
und Wind werden die Kohle- und Gaskraftwerke immer häufiger
aus dem Markt
gedrängt. Zugleich fallen die Preise an den
Strombörsen. RWE hatte 2013 nach
hohen Abschreibungen auf seine ausländischen Kraftwerke mit
einem Fehlbetrag
von fast drei Milliarden Euro abgeschlossen – der
höchste Verlust eines
börsennotierten Versorgers in Deutschland
überhaupt.”
Hinter dem Umbau E.ons steht
ein größerer Plan.
Ausgerechnet in der Februar-Ausgabe 2015 des Wirtschaftsmagazins
“Capital”
lesen wir: “Die Konzerne, die sich Jahrzehnte über
Traumgewinne freuten, wollen
die Kosten für die Abwicklung der Meiler und die Lagerung des
strahlenden Mülls
loswerden. Am liebsten natürlich an den Staat – und
damit an den Steuerzahler.”
Den entsprechenden Plan hatten die Konzerne der
Bundesregierung bereits im
Mai 2014 unterbreitet.
Rückstellungen
zweckentfremdet
Mit dem Versuchsreaktor Kahl begann
1962 die Ära der
kommerziellen Stromerzeugung durch die Kernspaltung. 60 Jahre
später soll nun
damit Schluss sein. Doch das dicke Ende, das zeichnet sich ab, kommt
noch: die
Frage, wohin mit dem Atommüll, ist auf absehbare Zeit nicht
geklärt. Ein
Endlager wird nicht vor 2050 zur Verfügung stehen. Die
Finanzierung einer
vergleichenden Endlagersuche, die Kosten für den Bau und
Betrieb einer
Atommülldeponie, müsste – so sieht es das
Verursacherprinzip vor – von den
Betreibern der Atomkraftwerke bezahlt werden.
In Deutschland sind die Betreiber von
Atomkraftwerken
verpflichtet, für den Rückbau der Atomkraftwerke und
die Entsorgung
radioaktiver Abfälle sogenannte Rückstellungen zu
bilden. Dies ergibt sich aus
dem Atomgesetz sowie dem Umwelt-und Handelsrecht.
Gemäß den §§ 7 und 9 des
Atomgesetzes (AtG) in Verbindung mit § 9a AtG sind die
Konzerne E.on, REW, EnBW
und Vattenfall als Verursacher für die Verwertung radioaktiver
Reststoffe und
Beseitigung radioaktiver Abfälle sowie die Stilllegung der
Atomkraftwerke
zuständig. Aus dem Verursacherprinzip des Umweltrechts ergibt
sich, dass sie
auch die Kosten hierfür zu tragen haben. Der konkrete Ansatz,
Rückstellungen zu
bilden, leitet sich aus § 249 des Handelsgesetzbuchs ab.
Für die “nukleare
Entsorgung” haben die Konzerne steuerfreie
“Rückstellungen” gebildet, die in
ihren Bilanzen ausgewiesen sind. 36 Mrd. Euro sind es zurzeit. Doch das
Geld
liegt nicht auf einer Bank, es ist reinvestiert, steht als
“cash flow” gar
nicht zur Verfügung.
Sogar der Bundesrechnungshof
warnt jetzt vor erheblichen
finanziellen Risiken bei der Atommüllentsorgung. Da
nicht vor dem Jahr 2031
entschieden sein wird, an welchem Standort in Deutschland ein Endlager
für
hochradioaktive Abfälle errichtet wird, entstehe ein
“erhebliches Kostenrisiko”
für die Stromkonzerne, heißt es in einer aktuellen
Stellungnahme der Prüfer für
den Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestags, berichtet das
Wirtschaftsmagazin
‘Capital’ und stellt auch gleich klar, dass Abriss
und Entsorgung auch weitaus
mehr kosten können.
Da grundlegende Vorgaben wie etwa
Baukosten, Zeitpunkt der
Errichtung, Betriebskosten und Betriebszeit des Endlagers fehlen, ist
eine
verlässliche Kostenabschätzung nicht
möglich. Im Umkehrschluss kann auch
niemand sagen, ob die 36 Milliarden Euro, die RWE, Eon, EnBW und
Vattenfall in
ihren Bilanzen für die nukleare Entsorgung ausgewiesen haben,
reichen. Schon im
Jahr 2011 hatte der Rechnungshof die Intransparenz bei den
Rückstellungen
gerügt. Was passiert, wenn ein Konzern Pleite geht oder sich
so aufstellt –
siehe E.on -, dass ein Zugriff auf die Haftung durch den Gesamtkonzern
wie bei
Vattenfall gar nicht mehr möglich ist? Der schwedische
Mutterkonzern haftet
nicht mehr für den deutschen Geschäftsbereich.
Krasses Lehrstück
Hamm-Uentrop
Ein krasses Lehrstück kommt
aus Nordrhein-Westfalen. Dort ist
umstritten, wie der “sichere Einschluss” und der
Rückbau des
Hochtemperaturreaktors in Hamm-Uentrop finanziert werden. Als 1988 der
Thorium-Hochtemperatur-Reaktor in Hamm-Uentrop nach kurzem Betrieb
wegen seiner
Sicherheitsmängel stillgelegt wurde, ging der Ärger
los. Bauherr des THTR-300
war die 1968 gegründete HKG (Hochtemperatur-Kernkraftwerk GmbH
Hamm-Uentrop).
Im Sommer 1989 geriet die HKG an den Rand der Insolvenz
und musste, da
die Muttergesellschaften der HKG ohne höhere staatliche
Zuschüsse keine
weiteren Zahlungen leisten wollten, durch die Bundesregierung und das
Land
Nordrhein-Westfalen gestützt werden. Der Reaktor selbst wurde
bis 1997 in den
sogenannten “sicheren
Einschluss”
überführtund verursacht seitdem Kosten in
Höhe von 6,5
Mio. Euro jährlich. 2012 verfügte die HKG
nur noch über Eigenmittel von
41,5 Mio. Euro. Wegen der Rechtsform als GmbH ist eine
Durchgriffshaftung auf
die HKG-Gesellschafter zur Deckung der Entsorgungskosten nicht
möglich, sodass
die Kostenübernahme ungeklärt ist. Der
Rückbau – ohne Endlagerung – soll 1 Mrd.
Euro kosten. Wer letzten Endes die Kosten trägt, ist
absehbar: die
öffentliche Hand.
Patronatserklärungen
sind überfällig
Mit dem Atomstrom haben die Konzerne
viel Geld verdient, ihre
privilegierten Rückstellungen für den
Rückbau von Atomanlagen und die “nukleare
Entsorgung” in Höhe von rund 36 Milliarden Euro
könnten schrittweise in einen
öffentlichen Fonds oder in eine öffentliche Stiftung
umgeleitet werden. Ob das
Geld reicht, ist tatsächlich zweifelhaft. Selbst konservative
Schätzungen gehen
von einer Summe von 60 Milliarden Euro für die
“nukleare Entsorgung ” aus.
Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel wies in seiner Rede vor dem
Bundesrat im Oktober 2014 darauf hin, dass im Atomgesetz noch nicht
einmal klar
geregelt ist, dass ausgediente Atomkraftwerke zurück gebaut
werden müssen. In seiner
Rede drängte er auf weiteren Regelungsbedarf: “Dazu
gehört eine gesetzliche
Verpflichtung zur Abgabe „harter”
Patronatserklärungen der Konzernmütter für
ihre Atomkraftwerke betreibenden Töchter bzw.
lückenlose Gewinnabführungs- und
Beherrschungsverträge zwischen Betreibergesellschaften und
ihren
Mutterkonzernen über das Jahr 2022, dem derzeitigen Auslaufen
der
Solidarvereinbarung hinaus. Dass sich der Mutterkonzern von Vattenfall
aus der
Haftung für seine deutschen Töchter verabschiedet
hat, ist skandalös – und
zeigt die Dringlichkeit.” (Rede Stefan Wenzels vor dem
Bundesrat)
Während die
Hinterlassenschaften der Atomtechnik über
Tausende von Generationen gefährlich bleiben, sind Wissen und
Erfahrungen an
wenige Generationen gebunden. Die Politik der Konzerne zielt darauf,
dass bei
der Abwicklung der Atomenergie in den nächsten Jahrzehnten die
Altlasten
zunächst verstaatlicht werden sollen und dann wegdefiniert
oder einzelnen Orten
und Regionen angelastet werden. Umweltverbände und
Anti-Atom-Initiativen fordern
seit langem die Einrichtung eines öffentlichen Fonds oder
einer öffentliche
Stiftung, bevor sich die Konzerne endgültig vom Acker machen.
Die Zeit läuft…
(10.02.2015)
Wolfgang Ehmke
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