Hintergrundinformation zur „Börsenbahn“
Unsere Bahn soll unter Wert verscherbelt werden.
Die Deutsche
Bahn ist in vielen Jahren von unseren Steuergeldern aufgebaut worden.
Nun soll sie ohne große Diskussion verkauft werden. Die
Öffentlichkeit wird nicht gefragt. Wenn unsere Bahn an der
Börse weit unter Wert verscherbelt wird, geht es um riesige
Profite für wenige – und um schlechtere Leistungen für
alle.
Im Herbst 2007 verhandelt der Bundestag über den Verkauf. Schon
jetzt sind die schwerwiegenden Folgen einer Privatisierung für uns
alle absehbar.
Der Wert der
Bahn wird inklusive 34.000 km Schienen, 5.500 Bahnhöfen und
weiterem Eigentum auf über 100 Milliarden Euro geschätzt.
Würde man das deutsche Schienennetz, so wie es heute ist, neu
bauen müssen, dann müsste man dafür 220 Milliarden Euro
investieren. Für maximal 15 Milliarden Euro soll all dies an
Großinvestoren verscherbelt werden. Das muss verhindert werden.
Börsenbahn: noch schlechter.
Über 500 Bahnhöfe und Tausende von Schaltern wurden bereits geschlossen.
Statt, wie versprochen, mehr Verkehr auf der Schiene, lautet die
Bilanz: Die Verkehrsleistung der Bahn im Schienenfernverkehr hat sich
verringert. Im Güterverkehr konnte die Schiene ihren
Verkehrsanteil nicht erhöhen. Nur im staatlich geforderten
Schienenpersonennahverkehr konnte eine Steigerung erreicht werden.
Die Privatisierung der Bahn würde die Zerschlagung des bundesweit einheitlichen Schienennetzes bedeuten:
Keine abgestimmten Fahrpläne! Keine flächendeckende Versorgung! Und keine einheitlichen Tarife! Bahnfahren würde zu einem noch größeren Abenteuer.
Ganze Regionen würden vom Bahnnetz abgehängt.
Die Investitionen bei der Bahn reduzieren sich auf
Hochgeschwindigkeitsstrecken, Prestigeprojekte und den Ausbau von
wenigen großen Bahnhöfen. Unbesetzte Schalter, geschlossene
Bahnhöfe und gestresste Bahnbeschäftigte – für die
meisten Bahnkunden ist schon jetzt der Service schlechter geworden. Die
Privatisierung der Bahn in Argentinien hat das Netz sogar fast ganz
aufgelöst. Das gleiche Bild beim Güterverkehr: In den USA
gibt es im Güterfernverkehr der Bahn keinen Wettbewerb. Ein
Anbieter allein entscheidet, was der Transport kostet: Er hat ein
Streckenmonopol.
Börsenbahn: noch teurer.
Nach einer Privatisierung können die neuen Besitzer die Preise diktieren, wie sie wollen.
Wenig befahrene Strecken werden teurer mit dem Argument, sie lohnten
sich kaum. Viel befahrene Strecken werden teurer mit dem Argument, die
Nachfrage sei ja so groß. Für viele Menschen ist Bahnfahren
bereits heute unbezahlbar. Eine private Bahn will nicht
kostengünstigen und umweltfreundlichen Verkehr anbieten, sondern
Profit machen. Was aber zählt, ist eine bezahlbare Bahn.
Ein Blick ins
Ausland, etwa in den Personenfernverkehr in Japan und
Großbritannien, zeigt, wohin Privatisierung führt.
Dort kann von Wettbewerb, der angeblich besseren Service und niedrigere
Preise für die Kunden bietet, keine Rede sein. Dort haben
Privatbetreiber einzelne Streckenteile übernommen und bestimmen
nun Preis und Service - von Wettbewerb keine Spur.
In Großbritannien ist die vollständig privatisierte Bahn die teuerste in Europa. Auch die Privatisierung in Schweden hat Verteuerungen für die Kunden gebracht. Positive Beispiele: Fehlanzeige.
Börsenbahn: die Klimadiskussion spielt keine Rolle.
Die
Klimadiskussion zeigt, dass dringender Handlungsbedarf in der
Verkehrspolitik besteht. Doch eine private Bahn will nicht
kostengünstigen und umweltfreundlichen Verkehr anbieten, sondern
Profit machen. Das Transportmittel Bahn ist umweltschonend. Doch bei
den Privatisierungsplänen spielt die Umweltdiskussion keine Rolle.
Mit dem Verkauf der Bahn gibt die Regierung ein wichtiges Instrument
des Umweltschutzes aus der Hand. Dabei blickt der europäische
Verkehrssektor insgesamt auf eine negative Klimabilanz. Wir brauchen
einen Ausbau des Schienenverkehrs, nicht dessen Verkauf.
Statt mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen, nahm seit der Bahnreform der Kfz-Verkehr auf der Straße zu.
Die Verkehrsleistung im Fernverkehr der Bahn AG ist geringer als vor
der Bildung der DB AG 1994. Mit der weiteren Privatisierung wird diese
Entwicklungen fortgesetzt. Zudem ist zu befürchten, dass
Investoren aus konkurrierenden Verkehrsbereichen bei der Bahn noch mehr
das Sagen haben werden!
Der
Güterverkehr auf deutschen Straßen ist von 1991 bis 2002 um
fast 45 Prozent gestiegen. Gleichzeitig hat die Deutsche Bahn einen
Großteil ihrer Gleisanschlüsse geschlossen. Im ersten
Jahrzehnt der Bahnreform wurden Dutzende mittelgroße und
große Städte vom Schienenfernverkehr abgehängt. Der
populäre und preisgünstige Zug Interregio wurde abgeschafft.
Internationale Zugverbindungen nach Skandinavien, nach Mittel- und
Osteuropa wurden gekappt.
Viele Sachverständige rechnen mit einem Abbau von weiteren 5.000 km Schienennetz nach der Privatisierung.
Das Fernverkehrsangebot wird sich auf die lukrativen Strecken
beschränken, und Mittelstädte werden nicht mehr bedient. Der
Lkw- und Busverkehr wird hier drastisch zunehmen. Das Intercity-Netz
ist von Ausdünnung und Einstellung bedroht, das Umweltdumping wird
zunehmen.
Börsenbahn? Gefährlich!
Großbritannien hat gezeigt, dass Privatisierung
lebensgefährlich sein kann. Zwischen 1994 und 1997 wurde die
britische Bahn von der konservativen Regierung vollständig
privatisiert. Wenig später kam es zu den ersten schweren
Unfällen – allein beim Unglück von Paddington (1999)
starben 31 Menschen und wurden 400 verletzt, wenig später gab es
Tote in Hatfield. Das Schienennetz wurde kaum gewartet, Profit ging vor
Sicherheit.
Börsenbahn? Börsenwahn!
Der Börsenwahn hat ideologische Ursachen, die von der, in den USA
entstandenen, neoliberalen Wirtschaftstheorie stammen. Sie
verlangt den „schlanken Staat“. Fast alles wird
privatisiert.
(In den USA sogar viele Gefängnisse.) Weil auch viele unserer
Politiker dieser Ideologie verfallen sind, soll der Staat jetzt auch
unsere Bahn verscherbeln.
Aber die Zustimmung von Bundestag und Bundesrat steht noch aus. Die müssen wir verhindern.
Hier liegt unsere Chance. Bundesweit regt sich Protest. Das
Protestbündnis heißt: „Bahn für alle“. Die
Zahl seiner Partner wächst: Attac, Bahn von unten, BUND,
Bürgerbahn statt Börsenbahn, EUROSOLAR, Grüne Jugend,
Grüne Liga, Linksjugend Solid, Naturfreunde Deutschlands, per
pedes, Robin Wood, Umkehr, VCD Brandenburg und Verdi.
Wir veranstalten bundesweit in Städten Protestaktionen.
Medien berichten darüber, das fürchten Politiker der
Regierung. Weil sie wiedergewählt und an der Macht bleiben wollen.
Hier sollten Sie mitmachen! Informieren Sie sich überregional, ausführlich und aktuell
per Internet bei
www.deinebahn.de und/oder www.bahn-für-alle.de
September 2007