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Mai 2009
Hintergrundinformation zu „Bad Bank“
Pressemitteilung
Attac Deutschland
Dienstag, 21. April 2009
* Staat macht sich zum Reparaturbetrieb des
zusammenbrechenden
Finanzmarktkapitalismus
* Bad Banks nicht zu Lasten der
Steuerzahler
Das globalisierungskritische Netzwerk Attac
kritisiert anlässlich der
Beratungen der Bundesregierung über sogenannte
Bad Banks scharf, dass
nun den Banken durch die Abnahme
vergifteter Wertpapiere erneut
Steuermittel in atemberaubender Höhe zur
Verfügung gestellt werden sollen.
"Es ist empörend, wie die Banken zu
GoH mutieren, also zu Gesellschaften
ohne Haftung - mit Staatsgarantie für ihren
Fortbestand trotz riesiger
Verluste," sagte Detlev von Larcher
vom Attac Koordinierungskreis,
"Der moderne Bankenkapitalismus
funktioniert nach dem Motto 'Die Profite
für die Eigentümer, Broker und Manager, die
Verluste für die
Steuerzahler'. Diese erschreckende
Schieflage hat die Politik auf Druck
der Bankenlobby in den letzten Jahren Stück
für Stück produziert. Die Bad
Bank setzt dem Skandal die Krone auf!"
Banken, die ohne einen solchen Eingriff
nicht überlebensfähig sind,
müssten soweit es möglich ist mit einer
Schadensbegrenzung für die
Gesellschaft abgewickelt werden oder aber
verstaatlicht, erläuterte Jutta
Sundermann vom Koordinierungskreis:
"Wenn solche
Notoperationen wie die Bad Bank
durchgeführt werden, gehören die Patienten
in die öffentliche Hand:
Denn die Steuerzahler bekommen extrem große
Risiken aufgebürdet.
Dann dürfen spätere Gewinne auch nicht
wieder in privaten Taschen
verschwinden."
Empörend ist für Attac auch die
Dreistigkeit der Unternehmerverbände:
So fordert heute der DIHT die
Bundesregierung zur beschleunigten
Einrichtung einer Bad Bank auf. Sundermann:
"Die Konzerne sprechen von
bedrohten Arbeitsplätzen, meinen aber in
erster Linie ihre wegbrechenden
Gewinne. Erst gestern kritisierten sie die
diskutierte Erhöhung des
Spitzensteuersatzes für Bestverdiener. Das
ist der Versuch, Staat und
Gesellschaft zur Beute zu machen."
Attac fordert, erst nach einer
Verstaatlichung der Banken schlechte
Papiere in bankeigenen Zweckgesellschaften
zwischen zu lagern. Das
Mindeste aber seien strenge Auflagen für
die Banken, die vergiftete
Papiere auslagern dürfen.
Sie müssten ihren Bestand an Wertpapieren
vollständig offenlegen, zukünftig
transparent arbeiten und sofort den Handel
mit giftigen Verbriefungen
stoppen.
Ebenso dürfe keine unterstützte Bank mehr
Geschäfte mit oder in Steueroasen
machen und müsse die Hände weg lassen von
Hedge Fonds.
Detlev von Larcher: "Banken gehören
wie die Bahn, Ver- und Entsorgung usw.
in den Bereich der öffentlichen
Daseins-Vorsorge. Darum gehören sie in die
öffentliche Hand und unter demokratische
Kontrolle. Geschieht das nicht,
wird der Staat immer mehr ausschließlich
zum Reparaturbetrieb des
Kapitalismus."
Für Rückfragen:
Detlev von Larcher, 0160 / 93 70 80 07
Jutta Sundermann, 0175 / 86 66 76 9
Aus TAZ vom 12. Mai 2009, mit freundlicher Genehmigung der Autorin:
Zu den bizarren Konsequenzen dieser Krise gehört, dass die Oberschicht ihre Gewinne noch maximiert
Gut gelaunte Finanzwelt
KOMMENTAR VON ULRIKE HERRMANN
Der Optimismus kehrt zurück. Die Aktienkurse steigen, die Stimmung der Unternehmer erholt sich -
und die Rettung der Banken ist nun angeblich fast gratis zu haben. War
die Finanzkrise vor allem eine Einbildung von Pessimisten und
Kapitalismuskritikern, die habituell gern schwarzsehen?
Die Antwort hängt davon ab, welchen Prognosen man geneigt ist zu glauben. So hat der
Internationale Währungsfonds Ende April gewarnt, dass weltweit rund 4 Billionen Dollar
abgeschrieben werden müssten. Allein bei den Banken der Euro-Zone
würden Schrottpapiere von fast einer Billion Dollar lagern - davon
seien aber erst 17 Prozent wertberichtigt.
Wie viel gelassener wirkt dagegen die Bundesregierung! Am Mittwoch wird das Kabinett
beschließen, diverse Bad Banks zu gründen, die den Ramsch
der Kreditinstitute übernehmen sollen. Die Details sind noch
unklar, ebenso die Kosten. Sie dürften jedoch bei mindestens 100
Milliarden Euro liegen, es könnten aber auch mehr als 200
Milliarden Euro sein. Trotzdem wird der Steuerzahler angeblich nicht
belastet - stattdessen sollen die Banken die Verluste über zwanzig
Jahre abstottern. Leider bleiben Zweifel an dieser Regierungssicht. So
stellt sich die simple Frage, woher die Banken das Geld nehmen sollen,
um den Staat auszuzahlen.
Die Regierungsangaben sind zwar bislang vage, aber rechnen wir es
exemplarisch durch: Sollten die Kosten für die Schrottpapiere
tatsächlich bei 100 bis 200 Milliarden Euro liegen, dann
müssten die deutschen Banken bis 2030 jährlich
Rückstellungen von 5 bis 10 Milliarden Euro bilden, damit der
Staat am Ende verlustfrei aus den Bad Banks herauskommt. Doch
dürfte es für die Kreditinstitute schwierig werden, solch
gigantischen Profite zu generieren. Zwar kam die deutsche Bankbranche
2005 und 2006 auf einen Rekordgewinn von jeweils rund 30 Milliarden
Euro vor Steuern - aber dieser Gewinn speiste sich häufig aus
jenen toxischen Wertpapieren, die nun in die Bad Banks ausgelagert
werden sollen.
Ohne kreative Finanzprodukte ist nicht zu sehen, wie die Bankbranche zweistellige
Milliardengewinne einsammeln soll. Denn das "normale" Kreditgeschäft mit Privatkunden und
Firmen stagnierte selbst im Boom und bricht nun in der Wirtschaftskrise ein. Wie könnten die
Banken also die Verluste aus ihren Schrottpapieren kompensieren?
Weltweit bieten sich derzeit drei Strategien an - und keine ist
besonders erfreulich für den Steuerzahler und Normalbürger.
Erstens: Der Staat wird zum besten Spekulationsobjekt der Banken. So
hat die Deutsche Bank einen großen Teil ihres Gewinn im ersten
Quartal damit erwirtschaftet, dass sie mit jenen Staatsanleihen
gehandelt hat, die nötig wurden, um die Bankenrettung und die
Konjunkturprogramme zu finanzieren.
Zweitens: Der Privatkunde wird ausgeplündert. Die Banken locken mit "Gewinnsparen", doch
tatsächlich werden den Laien renditeschwache Produkte angedreht - für die sie aber hohe
Provisionen zahlen dürfen.
Drittens: Die Banken setzen wieder auf Risiko. Denn aus dieser Finanzkrise können sie die
Gewissheit mitnehmen, dass sie auch beim nächsten Crash gerettet
werden. Zudem gehört es zu den bizarren Konsequenzen dieser Krise,
dass die Banken durch Fusionen noch größer geworden sind -
und damit erst recht "too big to fail".
Am wahrscheinlichsten aber ist, dass die Bürger schließlich doch für die Schrottpapiere zahlen
müssen. Die Bad Banks der Bundesregierung sind nur ein komplizierter Umweg, um zu
verschleiern, was weltweit den Kern dieser Finanzkrise ausmacht: Die
Gewinne werden privatisiert und die Verluste sozialisiert. Was aber
wäre die Alternative? Kritische Ökonomen wie der
Nobelpreisträger Paul Krugman schlagen vor, die Verlustbanken zu
verstaatlichen. Auch viele SPD-Politiker, Linke und Grüne sind
dafür. Bei der Commerzbank mag die Verstaatlichung eine gute Idee
sein. Ansonsten aber scheitert diese Lösung daran, dass sich in
Deutschland viele der Pleitekandidaten bereits in öffentlicher
Hand befinden. Es gehört zu den deprimierenden Aspekten dieser
Krise, dass nirgends so viel Papierschrott lagert wie bei den
Landesbanken. Noch schlimmer: Dort haftet der Staat nicht nur mit dem
Eigenkapital, sondern auch noch für einen Großteil der
Verbindlichkeiten gegenüber den Kunden. Das ist ein Erbe jener
"Gewährträgerhaftung", die erst Mitte 2005 abgeschafft wurde.
Selbst eine geordnete Insolvenz der Landesbanken würde daher die
Steuerzahler nicht schonen, bliebe der Staat doch auf
Milliardenverlusten sitzen, wie das Beispiel der HSH Nordbank
illustriert: Diese Katastrophenbank hat eine Bilanzsumme von rund 200
Milliarden Euro, davon sind wohl 100
Milliarden Euro Schrott, wie einer internen Liste der
Bundesfinanzaufsicht Bafin zu entnehmen ist. Gleichzeitig bürgt
der Staat via Gewährträgerhaftung noch für etwa 65
Milliarden. Kein
Entkommen also für den Steuerzahler.
Wenn der Staat seine Verluste nicht minimieren kann - dann ist die
einzige Alternative, nach neuen Einnahmequellen zu suchen. Die
Regierung muss bei jenen Anlegern kassieren, die von der
Spekulationsblase profitiert haben. Das sind nicht viele. Denn die
meisten Deutschen haben gar kein Geld, das sie an den
Finanzmärkten investieren könnten. Wie aktuelle
Vermögensstatistiken ausweisen, besitzen 70 Prozent der
Bürger fast nichts - nämlich zusammen nur 9 Prozent vom
Gesamtvermögen. Das reichste Zehntel hingegen kontrolliert 61
Prozent aller Werte in Deutschland. Nur diese Oberschichten hatten die
Mittel, um zu spekulieren und im Finanzboom Gewinne einzustreichen. Nun
sollten sie auch für die Verluste aufkommen. Die Instrumente sind
bekannt: Anstieg des Spitzensteuersatzes, Vermögensteuer,
Erbschaftsteuer, höhere Abgeltungssteuer.
Stattdessen fabuliert die Union über Steuersenkungen. Die
geplanten Bad Banks passen da bestens ins Konzept. Die Risiken werden
in die Zukunft verschoben, die Reichen aber schon jetzt entlastet. So
werden in der Finanzkrise nicht nur die Verluste sozialisiert - sondern
auch noch die Gewinne der Oberschichten maximiert. Kein Wunder, dass
der Optimismus an die Börsen zurückkehrt.
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