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Freitag, 7. September .2012
Debatte
um Altersarmut
Geißler
fordert Altersversicherung wie in der Schweiz
CDU-Politiker
Heiner Geißler hat sich in die Debatte über die
drohende Altersarmut
eingeschaltet. In einem Interview mit der Zeitung
„Welt“ fordert der
82-Jährige: „Wir brauchen eine
Bürgerversicherung wie in der Schweiz: alle
zahlen von allem für alle.“ Die
Rentenpolitik sei ein Opfer der Ökonomisierung unserer
Gesellschaft geworden.
...
„Wie kann man nach den Erfahrungen der Finanzkrise
dem Irrglauben anhängen,
die Lebensrisiken der Menschen seien auf dem Kapitalmarkt
abzusichern?“, sagte
Geißler. „Millionen Amerikaner haben ihre
Altersrenten verloren. Die
Alterssicherung kann man nur solidarisch gestalten.“
Der
Spiegel 8. Oktober 2012
Kalte Enteignung
Die
Geschichte einer perfiden Umverteilung – von unten nach oben
Zitate
von Seite. 80
Was
das
für die private Altersvorsorge bedeutet, hat Thomas Mayer
schon einmal
ausgerechnet. „Wenn ich heute in den Ruhestand gehe und mir
über 20 Jahre eine
private Zusatzrente von 2500 Euro im Monat erhoffe,, muss ich bei einem
Zinssatz von 2 Prozent im Jahr 500 000 Euro Startkapital
haben.“, erläutert der
Ökonom.
Wenn
aber
der Zins auf null gedrückt werde, kämen bereits nur
noch 2100 Euro monatlich
heraus. „Und wenn dann noch jährlich drei Prozent
Inflation an meinen
Ersparnissen nagen, hat meine Rente
nach 20 Jahren nur noch eine Kaufkraft von 1100 Euro.“ Ein
Kaufkraftverlust von
mehr als 50 Prozent entsteht also schon bei einer modernen Inflation.
(...)
Bauen
die
Staaten ihre Schulden dagegen über Niedrigzinsen und Inflation
ab, träfe das
gerade die Besitzer von Lebensversicherungen und ähnlichen
Anlageformen. „Wer
streng regulierte Produkte wie Lebensversicherungen kauft, wird in
Anleihen
gezwungen, wo die Niedrigzinsen voll zuschlagen.“,
erklärt der Ökonom Mayer.
Der Grund: Assekuranzen oder Pensionsfonds sind gesetzlich
verpflichtet, das
Geld ihrer Sparer in vermeintlich sichere Häfen wie
Staatspapiere zu bringen.
„Wenn die Leute täglich in der 'Tagesschau' sehen
könnten, wie durch die
Niedrigzinsen ihr Erspartes an Wert verliert, wären sie
entsetzt“, so Mayer.
(...)
Ferdinand
Dyck, Matthias Hesse, Alexander Jung
sozialismus.info
2.
Oktober 2012
Für
ein menschenwürdiges Auskommen im Alter
Im Kapitalismus sind die
Renten nicht sicher
Nun ist raus, was
die Rentenpolitik der letzten zehn
Jahre bedeutet: Wer 35 Jahre ohne Unterbrechung einen Durchschnittslohn
verdient hat, bekommt gerade mal eine Rente von 660 Euro im Monat.
Schon jetzt
müssen 120.000 Menschen über 75 Jahre
zusätzlich zu ihrer Rente einen Mini-Job
ausüben, um leben zu können. Fast 800.000 Menschen
beziehen Grundsicherung im
Alter oder aufgrund von Erwerbsminderung.
von Holger Dröge, Berlin
Und die Pläne zur
Zuschussrente werden daran nichts
ändern. Auch 764 Euro netto reichen zum Leben nicht.
Gleichzeitig soll die
Zuschussrente genutzt werden, um den Druck auf private Vorsorge zu
erhöhen. Aber
gerade wer wenig Geld verdient, ist kaum in der Lage
zusätzlich fürs Alter zu
sparen. Kein Wunder also, dass nach den bisherigen
Plänen in Berlin zum
Beispiel gerade mal 850 Menschen davon profitieren würden.
Demografie-Lüge
Die Krise der Rentenkassen liegt
aber nicht am
„demografischen Faktor“. Denn wenn diese Theorie
stimmen würde, müssten wir
alle verhungern: Heute versorgt ein Bauer etwa 80 Menschen,
während es 1900 nur
drei waren. Solange die Arbeitsproduktivität steigt, ist die
Zunahme des
Anteils älterer Menschen ohne weiteres finanzierbar. Der
jährlich
erwirtschaftete Reichtum, das Bruttosozialprodukt, wurde seit 1950
versiebenfacht, obwohl inzwischen 20 Prozent weniger Arbeitsstunden
geleistet
werden.
Aber die
Demografie-Lüge lohnt sich für die private
Versicherungswirtschaft, Banken und Finanzdienstleister. Denn
die
Horrorszenarien sollen die Leute in die private Altersvorsorge treiben
und
gleichzeitig den Kern der Rentenfrage verbergen: Nämlich wie
soll der
erwirtschaftete Reichtum in Deutschland zwischen Arbeit und Kapital
verteilt
werden? Seit 1950 stiegen die Einkommen aus Unternehmen und
Vermögen um das
11,5fache, während sich die Löhne der
abhängig Beschäftigten nur
verdreifachten.
Alternativen?
Nötig ist eine
Mindestrente von 750 Euro plus Warmmiete
für alle ab 60 Jahren. Das wäre ein erster Schritt,
den Lebensstandard im Alter
zu sichern.
Aber vor allem muss das
Rentenniveau der gesetzlichen
Versicherung steigen. Im internationalen Vergleich ist Deutschland
Schlusslicht: Unter den 34 OECD-Staaten werden in Deutschland die
niedrigsten
Renten für GeringverdienerInnen gezahlt. Aber auch
Normalverdiener schneiden
schlecht ab. Während die Durchschnittsrente in den
OECD-Staaten bei 57 Prozent
vom Brutto liegt, werden in Deutschland nur 42 Prozent gezahlt.
Notwendig ist
eine umgehende Erhöhung auf den Durchschnitt der OECD-Staaten.
Einnahmen der Rentenversicherung erhöhen
Um das zu finanzieren,
muss Schluss gemacht werden mit
den Zuschüssen für die Riester-Rente, die nur ein
Programm zur Erhöhung der
Rentenbeiträge und der Gewinne von Banken und Versicherungen
sind.
Beitragserhöhungen (wie sie zum Beispiel der DGB
vorschlägt, weil er die
„Demografiefrage“ akzeptiert) sind der falsche Weg.
Erst mal muss Geld verdient werden:
Ein Mindestlohn von
zehn Euro als Schritt hin zu zwölf Euro und die Umwandlung von
Mini-Jobs in
sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse
wären erste Maßnahmen. Aber
vor allem muss die Beitragsbasis erweitert werden. Auch wer Honorare
kassiert
oder Kapitaleinkünfte hat, soll in die Rentenversicherung
einzahlen, wobei
oberhalb der bisherigen Bemessungsgrenze zusätzliche
Rentenansprüche nur noch
unterproportional erworben werden sollten.
Das bedeutet: Alle zahlen
entsprechend ihrer
Leistungsfähigkeit ein. Alle Einkommen werden verbeitragt.
Alle sind
versichert. Alle bekommen eine gute Absicherung im Alter. Sollten die
Einnahmen
nicht reichen, wäre ein Ausbau des bestehenden
Steuerzuschusses sinnvoll,
finanziert durch eine stärkere Besteuerung von Banken,
Konzernen und großen
Vermögen.
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